„Zeit zum Kreativ sein!“, dachte ich. Also setzte ich mich hin, um ein Projekt, welches in meinen Gedanken bereits über längere Zeit sich immer mehr etabliert hatte, nun endlich in die Tat umzusetzen. Ich suchte zuerst nach Materialien und den für mich richtigen Farbton. Schnell merkte ich, dass ich mich nicht wirklich konzentrieren konnte. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Zudem konnte ich nicht herausfinden, für welche Farben ich mich entscheiden sollte. Schlussendlich war ich mit keinen der herausgezogenen Materialien zufrieden. Verärgert sortierte ich alles wieder zurück. Es waren schon fast 2 Stunden vergangen und ich war genauso weit, wie vorher. Oder sogar noch zwei Schritte weiter zurück. Denn mittlerweile stellte ich mein gesamtes Projekt in Frage. „Was für eine Verschwendung“, sagte ich genervt zu mir selbst.
Kopfkino vs. Leere im Kopf
Irgendetwas beschäftigte mich die gesamte Zeit und ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Ich begann im Internet nach kreativen Ideen für mein Projekt zu suchen und landete auf Seiten, die Unterstützung bei Ziellosigkeit anboten. Für genau diese Ziellosigkeit, die ich gerade verspürte. Videos, Blogbeiträge, Erfahrungsberichte, Bücher. Das gesamte Repertoire schaute ich mir an diesem Tag an. An den nächsten Tagen auch. Und danach auch. Immer und immer wieder. Die ganze Zeit. Schon fast hatte ich vergessen, dass ich doch eigentlich für mein Projekt nur nicht die richtigen Materialien und Farben gefunden hatte.
Plötzlich wurde mir klar: ich war auf der Suche nach Veränderung! Die Frage nach dem Sinn hatte eine andere Antwort gebracht als bisher.
Hochgeschwindigkeit wird zur Stille
Aber lass mich von vorn beginnen. Da, als alles begann. Ende 2013, über ein Jahr, nachdem mein Körper mich zum Stillstand zwang. Ein Körper, der jahrelang alles gegeben hatte und im Gegenzug viel zu wenig empfangen hatte. Mein ganz persönliches System hatte reagiert und den Zustand aller meiner Zellen in den Not- oder Ausnahmezustand versetzt. Kein Blutwert hat mehr gestimmt. Mein Energievorrat war auf fast null gesunken und hohes Fieber gab mir den Rest. Diagnose: Burnout!
Stille!
Die Entscheidung: Ok, mein Körper braucht jetzt einfach ein wenig Ruhe. Ich schlafe.
Ich hatte die Zeichen erkannt, aber nicht reagiert und so weiter gemacht, wie bisher. Nun blieb mir nichts, als zu schlafen.
„Sie sollten sich mindestens 2 Jahre Zeit geben, bis Sie wieder einigermaßen hergestellt sind.“, hallte die Stimme meines Arztes noch ewig in meinen Ohren nach. Für mich gab es darauf nur eine ganz klare und fokussierte Antwort: „Tut mir leid, aber die Zeit habe ich nicht!“ Und ich meinte das tatsächlich ernst.
Jedoch die Zeit war es, die mir letztendlich zeigte, wie sehr ich sie brauchte. Ich lernte wieder, mich auf mich zu besinnen und mal wieder kreativ zu sein. Einfach nur für mich. Ohne richtig, ohne falsch. Immer tiefer konnte ich entspannen, sobald ich eine kreative Tätigkeit begann. Schon nach kurzer Zeit merkte ich tiefe Ruhe in mir und das Verlangen, meine Freude mit anderen zu teilen. So kam es, dass ich meinen Youtube-Kanal gründete. Mein allererstes Kreativvideo war eine Häkelanleitung für Boshi-Mützen, die damals gerade absolut hip waren. Und dann war es um mich geschehen. Die Produktion dieses ganz einfachen Videos hat mich von Beginn an in pure Faszination versetzt. Ich war für mich allein und doch hatte ich das Gefühl, mit ganz vielen Menschen da draußen zu sprechen. Als ich dann 2014 Stampin‘ Up! kennenlernte, war für mich vollkommen klar, dass ich auch hierzu Videos produzieren würde. Zuerst kam der Blog und dann Anfang 2015 begann meine kreative Videoreihe. Viele Beiträge und Videoanleitungen folgten. Woche um Woche kam eine Anleitung dazu, manchmal sogar mehr. Bis ich zu Beginn des Jahres 2018 plötzlich feststellte, dass ich mich weitestgehend von meinem Burnout erholt hatte und so fit fühlte, dass ich endlich wieder regelmäßig Sport treiben konnte. Ich merkte, wie ich einerseits viel weiter in die Zukunft schauen konnte, andererseits ich aber auch planen wollte. Zwei Dinge, die ich seit langer Zeit nicht mehr in der Lage war zu tun. Fast wöchentlich erzielte ich merkliche Fortschritte. 6 wertvolle Jahre waren seit meinem System-Knockout vergangen!
Meine Gedanken kreisten um größere Projekte, die ich nun mit der Welt teilen wollte. Ich liebte meine LeserInnen und ZuschauerInnen, mit denen ich rege kommunizieren konnte und ihnen vielleicht das ein oder andere Mal ein kleines Lächeln ins Gesicht oder ein Glänzen in ihre Augen zaubern konnte. Schließlich begann ich, Letteringkurse anzubieten. Online und offline. Dem Malen der Buchstaben und der vielen floralen Doodles, die mich in ihren Bann gezogen hatten, wäre ich am liebsten Tag und Nacht nachgegangen.
… und doch wird alles anders
Bis zum Beginn der Datenschutzgrundverordnung. Dann verließen mich der Spaß, meine Leidenschaft und das Vertrauen in meine Website und in alles, was dazu gehörte. Obwohl ich den Wechsel auf die neue Gesetzgebung umfassend und gut vorbereitet hatte, fühlte ich mich wie eingefroren und nicht im Stande zu handeln.
Und wieder war da diese Stille.
Ich hatte die Zeichen erkannt und nicht reagiert.
Es war eine Stille der verzweifelten Ratlosigkeit. In der Folge versuchte ich, mich mit den verschiedensten Dingen abzulenken. Ich vertiefte mich noch mehr in die Kreativität. Trotzdem hatte ich das Gefühl, irgendwo ganz tief in einer Art Loch oder Tal drin zu sitzen, denn ich konnte meine Freude nicht teilen. Tiefe, dunkle Kälte umhüllte mich, als ich aufwachte.
Endlich begann ich, mich auf mich zu fokussieren. Wieder mal. Ich lernte, Hilfe anzunehmen und lernte durch meine Coaches, auf Seminaren und Workshops. Ich begann, mich wieder selbst kennenzulernen und alles um mich herum aus einer anderen Perspektive zu sehen. Inzwischen durfte ich auf diesem Weg so viel Klarheit erhalten, Zusammenhänge erkennen (übrigens, ja! – Erkenntnis kann richtig richtig weh tun) und lernen, dass ich mein eigenes Leben absolut selbst gestalten kann. Kreativ und mit Eigenverantwortung, Liebe und Gefühl.
Ich begann, wieder Projekte in meinem Kopf wachsen zu lassen. Doch erst nach einigen Monaten fühlte ich mich bereit, mit der Umsetzung eines dieser Projekte zu beginnen. Das ist erst ein paar wenige Wochen her und es war dann, als mein Farb-Entscheidungs-Chaos entstand.
Nun sitze ich hier. Es ist März 2020 und ich schaue aus meinem Fenster. Im Hintergrund die Gipfel der Alpen und ich versinke in Gedanken. In meinen Ohren hallt es schon wieder nach: „…Pandemie, Corona, Versammlungsverbot, Schulschließungen …“ und vieles mehr. Ich stelle mir die Frage, was hier gerade passiert.
Mein erster Gedanke zur Beantwortung dieser Frage: „Jetzt hat die Welt einen Burnout!“. Zuerst bekomme ich Angst, meine Atmung wird schneller. Ich fühle die Hilflosigkeit, die vielerorts herrscht. Ich beobachte die Ohnmacht in den Reaktionen der Menschen im bereits stark veränderten Alltag und plötzlich:
Stille!
Ruhig schließe ich meine Augen, atme tief ein und aus. Und nochmal ganz tief ein und wieder aus. Ich spüre eine wohltuende Wärme und sogar eine Art Tiefenentspannung. Denn ich weiß: Wenn wir dieses Tal durchritten haben, wird alles nicht nur wieder gut, sondern noch viel besser.
Wenn Hochgeschwindigkeit zur Stille wird
Nichts bleibt so, wie es war. Alles wird anders als bisher. Was passiert gerade? Warum passiert das alles? Was können wir dadurch lernen?
Wir hatten alle die Zeichen erkannt und nicht reagiert.
Zum ersten Mal erlebe ich eine Stille, die mit positiven Emotionen erfüllt ist. Bisher war Stille in mir mit Ohnmacht oder Hilflosigkeit verbunden. Jetzt ist so eine vertraute Klarheit da. Voller Kraft und Zuversicht. Schafft Stille Stärke? Und Stärke Kraft? Woher kommt diese Klarheit, dir mir ein positives und vertrautes Gefühl vermittelt? Vielleicht habe ich in den letzten Monaten einfach gelernt, in genau dieser Stille meine innere Kraft zu aktivieren, die Klarheit zur Folge hat?
Wir erleben die aktuelle Situation alle gemeinsam, zur gleichen Zeit. Und die Zukunft liegt in unserer Hand. Wir sind die Gestalter unserer eigenen und unserer gemeinsamen Zukunft. Wir können so viel voneinander lernen. Wir können anfangen, bewusst zu leben und die Welt zu einem besseren Ort machen. Oder wir können so weitermachen wie bisher und auf den nächsten Crash zusteuern. Wir haben immer die Wahl.
Also stelle ich mir folgende Fragen:
Wie möchte ich in Zukunft leben?
Welche Werte sind für mich wirklich wichtig?
Was ist es, was ich in meinem Leben haben oder sein möchte?
Gibt es etwas, was ich mir von Herzen für das Leben meiner Familie wünsche?
Für meine Freunde, Verwandten, Bekannten, Nachbarn, Kollegen, für die ganze Welt?
Was bewegt mich von tiefen Herzen?
Wofür stehe ich? Und warum?
Habe ich in meinem Leben schon mal Dinge erlebt, die ich niemals wieder erleben möchte?
Warum möchte ich diese nie mehr erleben? Welche Gedanken kommen mir dazu zuerst?
Gibt es etwas oder eine Situation in meinem Leben, auf die ich wirklich stolz bin? Die ich gerne immer wieder erleben möchte?
Und warum macht die Situation mich so glücklich?
Was habe ich für Gefühle, wenn ich daran denke?
Wenn Gedanken Gefühle bekommen
Und ich habe mir Gedanken gemacht, was andere fühlen:
Wollen wir nicht alle einfach nur glücklich und zufrieden sein? Was muss passieren, damit du glücklich bist? Was muss da sein, damit du zufrieden sein kannst? Mache dir bewusst, was du dabei fühlst, was du denkst. Was siehst du für Bilder und wie fühlt es sich an? Welche Geräusche kannst du hören und welche Farben nimmst du wahr?
Wenn du jetzt die Wahl hättest, wie du in Zukunft leben möchtest, wie würde dann dein Leben aussehen? Schließe deine Augen und träume. Träume mal so richtig groß. Träume so, dass die Bilder, die du dann sehen kannst, in den schönsten Farben erscheinen und ein sanftes, zufriedenes Lächeln in dein Gesicht zaubern. Schreibe dann alles auf, was du gesehen hast, was du gefühlt oder gehört hast. Vielleicht hast du dir etwas gedacht – schreib es auf. Male es auf, wenn du magst. Bringe alles zu Papier, was dir zu deinem großen Traum in den Sinn kommt. Fülle ein Blatt Papier, gestalte ein Poster oder schreibe alles in ein Buch. Sei ganz du selbst. Hinterfrage nichts. Erlaube dir, die Reise aus deinem Alltag, aus der heutigen Welt in deine ganz persönliche Fantasie. Denn sie ist ein Teil von dir. Als kleines Kind bist du oft dorthin gereist. Mit der Zeit hast du sie immer weiter von dir weggeschoben, bis du schließlich vollständig vergessen hast, dass sie existiert.
Tu‘ es einfach!
Und nun schaue auf dein bisheriges Leben. Auf das, wie du bis zum heutigen Tag gelebt hast. Was war gut, was war noch nicht so toll. Schreibe auch hier alles auf, was dir zu deinem Leben in den Sinn kommt. Bewerte es nicht. Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Alles was war, erfüllt seinen Sinn. Alles was ist, ist FÜR dich da. Alles was kommt, bestimmst du in deinem Kopf, mit deinen Gedanken.
Jetzt schau dir das Bild von deiner Vergangenheit an. Fühle es. Was sind deinen ersten Emotionen und Gedanken dazu? Wenn du deine Augen schließt, an welcher Stelle vor dir erscheint dieses Bild? Ist es hell oder dunkel? Groß oder klein?
Nimm jetzt das Bild aus deiner Fantasiewelt wahr. Was sind hierzu deine ersten Emotionen und Gedanken? An welcher Stelle vor dir erscheint dieses Bild? Ist es hell oder dunkel? Groß oder klein? Statte dieses Bild mit all seinen Gedanken mit unfassbar großen Gefühlen aus. Damit gestaltest du aktiv deine Zukunft.
Meine Einladung an dich
Dinge wiederholen sich. Zuerst ist es schön, vermeintlich wird es immer schöner. Wir merken nicht mehr die Beschleunigung in unserem täglichen Leben. Wie das Schöne zur Selbstverständlichkeit wird, neue Dinge als schön hervortreten und auch diese wieder selbstverständlich werden. Längst haben wir vergessen, was damals richtig schön war. Bis uns die Fliehkraft schon fast aus der Bahn wirft. Und wir reagieren immer noch nicht.
Doch dann kommt die Stille.
Das ist der Punkt, an dem wir uns gerade befinden. Seit ein paar Tagen schreibe ich an diesem Beitrag und heute wurde für Bayern die Ausgangsbeschränkung bekannt gegeben. In dieser Stille können wir unsere Kraft aktivieren, um im Anschluss Klarheit zu erhalten und uns eine bessere Zukunft auf einer besseren Erde erschaffen zu können.
Ein paar Impressionen über die Veränderungen in der Natur, seit die Welt still zu stehen scheint findet ihr hier: Venedig’s Wasser und China’s Luft Bald wird es bestimmt noch mehr Erkenntnisse geben, wo und wie die Corona-Krise auch einen Nutzen erschaffen hat.
An dieser Stelle möchte ich meinen Beitrag leisten, meine persönliche Erfahrung mit dir teilen und dich dazu einladen, ruhig, klar und fokussiert nach vorne zu schauen. Aber natürlich auch hinzuschauen, was das Leben uns mit dieser Erfahrung zeigen möchte. Wir können noch so viel lernen und so viel Gutes liegt vor uns.
Nimm die Fragen von oben im Text und beantworte sie für dich selbst. Zu welchen Erkenntnissen kommst du? Nimm dir etwas Zeit und schreibe jeweils deine ersten Gedanken auf. Denke daran: es gibt kein Richtig und kein Falsch.
Vielleicht magst du die Gedanken noch mehr verinnerlichen und schreibst sie in ein kleines selbst gebasteltes Tagebuch.
Ich danke dir, dass du bis hier hin gelesen hast. Vielleicht denkst du ähnlich wie ich? Ganz besonders würde ich mich über ein kurzes Feedback von dir freuen. Was denkst du gerade? Bist du vielleicht der Meinung, dass die Menschen Unterstützung bräuchten, um wieder zusammenzufinden und einen kühlen Kopf zu bewahren? Oder siehst du in anderen, ganz bestimmten Aktionen, ein Potenzial für die Entspannung der aktuellen Weltsituation? Ich freue mich auf deine ganz persönliche Meinung.
Deine
– Danke für DICH in meinem Leben! –
Ich umarme dich mein Herz – meine kleine Schwester! Welch wundervollen Gedanken und Worte! Ich spüre den Prozess in dir – schon immer, es brauchte genau diese Stille von der du schreibst und auch die Zeit bis genau hierin: und genau jetzt bist du wieder da, stärker als je zuvor! Was für eine Punktlandung! Wach, achtsam und bewusst- so stehst du jetzt da, um die Veränderungen mit tragen und formen zu können. Für deine Familie, deine großartigen Kinder, die am Start in ihr eigenes Leben stehen – und auch für uns alle! Ich bin stolz auf dich und so froh, dich wieder zurück gewonnen zu haben. In Liebe deine Ina
Ganz lieben Dank für DICH und deine herzlichen Worte, meine liebe Ina – GROSSE Schwester. 😉